Wie mit der Wasserstoffwirtschaft beginnen?

Für den Beginn gibt es mehrere Ansatzpunkte. Die Hauptpunkte sind:

  • Herstellung des Wasserstoffs
  • Verteilung des Wasserstoffs
  • Nutzung des Wasserstoffs

Herstellung des Wasserstoffs

Die Herstellung von Wasserstoff ist bereits etabliert. Hier ist die Nutzung der Lernkurve zur Steigerung der Effizienz und zur Reduzierung der Investitionskosten im vollen Gange. Die industrieelle Herstellung von Wasserstoff aus fossilen Energieträgern ist bereits voll ausgereift. Was noch fehlt, ist die industrieelle Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse.

Verteilung des Wasserstoffs

Für die Verteilung des Wasserstoffs gibt es drei Wege:

  • Aufbau eines parallelen Wasserstoffnetzes zum Erdgasnetz
  • Nutzung des vorhandenen Erdgasnetzes für Wasserstoff

Der Aufbau eines separaten Rohrnetzes zur Belieferung der Tankstellen ist in Vorbereitung. Geplant ist die Nutzung von Windstrom aus dem Küstenbereich. Die Kosten für das zusätzliche Netz wurden vom Forschungszentrum Jülich mit ca. 29 Mrd. € angegeben. Man rechnet damit, den Wasserstoff an den Tankstellen für ca. 10 €/kg (30 ct/kWh) anbieten zu können. Damit wäre der Preis je 100 km konkurrenzfähig zu den heutigen Treibstoffen. Für stationäre Anwendungen dies Verteilung des Windwasserstoffs zu teuer, auch ohne zusätzliche Steuern.

Die Nutzung des vorhandenen Erdgasnetzes durch Windwasserstoff hat bereits begonnen. Es sind mehrere power to gas Anlagen im Betrieb oder im Aufbau, die Wasserstoff ins Erdgasnetz regelkonform nach DVGW G262 einspeisen. Wirtschaftlich ist das nicht. Bei Wasserstoff aus Biomasse ist das möglicherweise anders, weil der eingespeiste Wasserstoff billiger ist. Nach Gesetzeslage ist es auch möglich, die vorhandene Erdgas KWK Anlagen mit virtuellem Wasserstoff zu betreiben. Dadurch steigt die Vergütung für eingespeisten Strom von 5,4 ct/kWh (KWK-Zuschlag) auf 22 ct/kWh (EEG-Vergütung). Für die Abrechnung kommt es nur auf die eingespeisten und genutzten Energiemengen an, nicht auf die Gaszusammensetzung. Durch die Einspeisung von nachhaltig erzeugten Wasserstoff nach DVGW Regelwerk kann das Erdgasnetz etwas dekarbonisiert, also grüner gemacht werden. Die geltenden Förderbedingungen (2013) geben einen Anreiz für diese Entwicklung. Richtungsweisend ist das nicht.

Brennstoffzellen im Wasserstoffnetz

Mit Brennstoffzellen im Wasserstoffnetz wird eine neue Zeit eingeläutet. Um einfache Membran-Brennstoffzellen wirtschaftlich nutzen zu können, sollte der Wasserstoffgehalt mehr als 30% betragen. Nach DVGW Regelwerk geht das (noch) nicht. Der lokale Gasversorger kann sich innerhalb seines Hoheitsgebietes aber über die Regeln hinwegsetzen. Er kann in abgeschlossenen Gebieten reinen Wasserstoff erlauben oder aber Mischungen aus Erdgas und Wasserstoff in hohen Konzentrationen. Damit lassen sich die Vorteile von Brennstoffzellen zeigen. Die nachfolgende Grafik zeigt ein solches Beispiel.

Einfache Membran-Brennstoffzelle (PEMFC) arbeitet mit einem Gemisch aus Wasserstoff und Erdgas

Für Brennstoffzellen, die unter 300°C betrieben werden können, ist Erdgas ein inertes Gas, so wie Stickstoff. Es nimmt an keiner Reaktion teil. Das gilt insbesondere für Niedertemperaturzellen, wie PEMFC, die bei ca. 80°C arbeiten. Werden solche Zellen mit einem Gemisch aus Methan und Wasserstoff beaufschlagt, wird nur der Wasserstoff umgesetzt. Allerdings knickt der Wirkungsgrad unterhalb eines Partialdrucks von 50 mbar (was 5% entspricht) deutlich ein und ist damit eine praktische Grenze. Für CNG-Tankstellen oder vor Gasturbinen ist der Druck gewöhnlich viel höher. In diesen Fällen kann der H2-Anteil noch weiter abgesenkt werden. Mit Vorschaltung einer Brennstoffzelle sehen die konventionellen Geräte also nie mehr als 5% Wasserstoff. Das können alle Altgeräte vertragen.

Wenn die Wasserstoffversorgung ganz ausfallen sollte, wird automatisch der alte Zustand wieder hergestellt. Das gilt auch für diejenigen Fälle, dass der Gasversorger seine Kunden mit reinem Wasserstoff versorgt.

Der Gasversorger kann die Gasart von sich aus ändern. Allerdings muss er dafür sorgen, dass die Kundeninstallationen mit dem neuen Gas funktionieren. Deshalb bietet sich hier ein Contracting Modell an. Der Gasversorger beschafft und installiert die Geräte auf eigne Rechnung und bietet dem Kunden eine vorteilhafte Strom- und Wärmeversorgung an. Da Wasserstoff aus Biomasse etwa so viel kostet wie Erdgas, kann er die Pioniergewinne, die sich aus den niedrigem Strompreis ergeben mit seinen Kunden teilen. Der Versorger kann auch Strom nach EEG verkaufen.

Jahresdauer-Kennlinie bei Nutzung von Mischgas mit Brennstoffzellen

Der Betreiber einer Wasserstoff-Fabrik hat ein Interesse daran, dass seine Fabrik mit konstanter Leistung produziert. Bei der Energieversorgung eines Haushaltes, wird der Gasversorger dann im Winter viel Erdgas zuspeisen und im Sommer nur reinen Wasserstoff liefern. Im Sommer ist ein Stromexport nur dann möglich, wenn die Brennstoffzelle gekühlt wir. Der elektrische Wirkungsgrad ist dann immer noch besser als im besten Gaskraftwerk. Wird nur Eigenstrom erzeugt, dann reicht die miterzeugte Wärme gerade zur Herstellung von warmem Wasser. Die exportierbare Strommenge kann der Gasversorger im Winter verlustfrei erhöhen und zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. 

Die hier beschriebene Vorgehensweise ermöglicht einen gleitenden Übergang in die Wasserstoffwirtschaft. Man kann auch die Versorgung wie beim Wechsel von Stadtgas auf Erdgas über Nacht vollziehen. Dazu bedarf es aber großer Investitionen in mehrere Wasserstoff-Fabriken und Wasserstoffspeicher.

Sinnvoll ist auch die Nutzung von Wasserstoffüberschüssen aus der chemischen Industrie. Der überschüssige Wasserstoff wird fast überall anstelle von Erdgas im Kraftwerk verbrannt. Von diesen Standorten ist eine zuverlässige Versorgung mit Wasserstoff gewährleistet. Nachfolgend werden zwei Beispiele gezeigt.

 Im Ruhrgebiet und um Leuna gibt es auch ein Netz mit reinem Wasserstoff, dass seit 80 Jahren betrieben wird. Das lässt sich anzapfen und ausweiten. Der Wasserstoff aus der Alkalichloridelektrolyse ist sogar schon teilweise grün.

Integration der Wasserstoffwirtschaft in das bestehende Wasserstoffnetz im Ruhrgebiet

Durch Nutzung von Wasserstoff aus Biomasse werden fast alle Produkte der Chemie grün. Bei der Geburt der chemischen Industrie wurden die Produkte aus Synthesegas hergestellt, das aus Kohle gewonnen wurde. Jetzt wird das Synthesegas aus Erdgas und Erdöl gewonnen und morgen aus Biomasse.

Wasserstoffanschluss vom Industriepark Frankfurt-Höchst

Ein werksinternes Wasserstoffnetz mit Speicher ist im Industriepark im Frankfurter Stadtteil Höchst vorhanden. Der Betreiber ist durchaus bereit, diesen Elektrolyse-Wasserstoff, der mit dem derzeitigen Strommix zu 25% grün ist, gegen einen kleinen Aufpreis in das Netz des örtlichen Versorgers mainova einzuspeisen, um dort in einigen Objekten die Nutzung von Brennstoffzellen exemplarisch zu demonstrieren. Der örtliche Versorger stellt sich aber taub. Zurzeit wird der Wasserstoff als Erdgasersatz im Kraftwerk verbrannt. Bis jetzt wird nur eine Tankstelle mit Wasserstoff am Rande des Industrieparks beliefert.

aktualisiert: 05.07.2014

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